Die eigentliche Schule der Achtsamkeit und die eigentliche Meditationspraxis sind unzweifelhaft das Leben selbst. Jeder Augenblick bietet eine Gelegenheit, sich auf die sich vor uns entfaltenden Gegebenheiten neu auszurichten, wie herausfordernd oder banal sie auch sein mögen. Dadurch entscheiden wir, uns nicht in Interpretationen und Geschichten über das, was vor sich geht, zu verlieren.
Das ist leichter, als Sie vielleicht denken. Es ist zudem jedes Mal außerordentlich befreiend, wenn wir uns auch nur ein klein wenig in diese Richtung bewegen. Und jene Augenblicke, jene bewussten Momente der Umorientierung können sich zu einem anderen Leben aufaddieren, einem Leben mit mehr Achtsamkeit und ausgewogeneren Emotionen. Doch nicht nur das: sie können Ihre Zukunft auf eine Weise beeinflussen, die für Sie nicht nur förderlich, sondern auch transformierend ist! Denn wenn Sie auf diesen Augenblick achten, jetzt, voller Freundlichkeit und Gewahrsein, dann wird der nächste Augenblick anders sein, denn Sie haben mit Ihrer vernünftigen, vertrauensvollen und ausgeglichenen Haltung auf den vorhergehenden Augenblick geachtet.
Es ist hilfreich für uns, auf unserem Weg Verbündete zu haben. Sie erinnern uns an diese Möglichkeit, wenn wir uns verloren und erdrückt fühlen und wir vergessen haben, dass wir uns dafür entscheiden können, uns in dem gegenwärtigen Augenblick zu erden und uns einer größeren, weniger täuschenden und weniger reaktiven Perspektive zu öffnen.
Viele Verbündete stehen uns zur Seite, doch einer der verlässlichsten und am einfachsten abrufbarsten Verbündeten ist unser eigener Atem.
Wie stellt man es an, sich mit seinem Atem anzufreunden, wenn die Dinge gerade nicht zum Verzweifeln sind? Was tut man in solchen Momenten?
Es reicht bereits, Ihr Gewahrsein auf die Empfindungen in Ihrem Körper zu richten, die am deutlichsten mit diesem Ein- und Ausatmen verbunden sind, entweder im Bauch, an der Nasenspitze oder an irgendeiner Stelle in Ihrem Körper, an der Sie Ihren Atem fühlen können. Selbst ein oder zwei Atemzüge, auf die man sich auf diese Weise voll und ganz konzentriert, können erdend und beruhigend wirken und eine ausgewogenere Perspektive wiederherstellen.
(von Jon Kabat-Zinn)
Durch den Body Scan ist eine außerordentlich intensive Körpererfahrung möglich. Dabei ist es wichtig, eine annehmende innere Haltung einzunehmen und alle Empfindungen aufmerksam zu erkunden.
Der Körper wird in der Vorstellung bis ins kleinste Detail innerlich mit der Aufmerksamkeit „abgetastet“, beginnend mit den Zehen des linken Fußes durch die Beine zum Becken, von den Zehen des rechten Fußes erneut zum Becken, aufwärts durch den Rumpf, die Lenden, den Bauch, den Rücken, die Brust bis in die Schultern. Von den Fingern durch die Arme zu den Schultern, von dort zum Hals, zum Gesicht, zum Hinterkopf und zum Scheitel.
Zweck dieser Übung ist es, den entsprechenden Körperteil, auf den du die Aufmerksamkeit richtest, auch tatsächlich so genau wie möglich zu spüren.
Wie wir mit dem Geist unserer Wahrnehmung, mit der inneren Einstellung umgehen, ist auch beim „Achtsamen-Yoga“ wesentlich:
Es kann sein, dass wir bestimmte Bewegungen nicht mögen, sie zu anstrengend finden oder dass wir uns unterfordert fühlen.
Es kann sein, dass Angst vor Versagen auftritt, dass wir uns mit anderen Teilnehmern vergleichen.
Es kann sein, dass wir in Tagträume abgleiten oder mit den Gedanken in der Vergangenheit oder in der Zukunft sind.
Es kann sein, dass wir über unsere Kraft oder unsere Flexibilität des Körpers eine bestimmte Einschätzung haben, die nicht stimmt, d. h. dass wir unseren Körper zu wenig fordern oder ihn sogar überfordern.
Die Aufgabe besteht darin, den Geist während dem Üben zu beobachten, immer wieder „wach“ zu werden und unseren „Autopiloten“ zu erkennen. Unsere automatischen Denk- und Verhaltensweisen erkennen und zum sinnlichen Geschehen zurückkommen.
Genau wie wir Geräusche von Augenblick zu Augenblick mit einem Anfängergeist und wertfrei beobachten, so können wir uns auch unserer Gedanken und Gefühle – unserer geistigen Prozesse bewusst werden. Wir „hören“ unsere Worte und Sätze in unserem Geist akustisch, genauso wie wir Gedanken auf der visuellen Ebene als Bilder wahrnehmen können.
Diese Gedanken können auch mit Emotionen einhergehen, die wir als geistige Prozesse fühlen und oft auch als Empfindungen im Körper spüren.
Alle diese Gedanken und Gefühle können wir „beobachten“. Wir können in jedem Augenblick unserer Gefühle und Gedanken gewahr sein.
Einerseits können wir uns im Gedankenstrom verlieren und keine bewusste Wahrnehmung der Gedanken haben, andererseits können wir uns unserer gedanklichen Aktivität gewahr werden.
Besonders interessant ist der Moment, wenn uns bewusst wird, dass wir gerade in einem Gedankengang völlig aufgegangen sind. Es kann sich anfühlen wie ein „Erwachen“ – in der Gegenwart, im jetzigen Moment.
Unseren Geist mit Achtsamkeit beobachten heißt, dass wir die geistigen Vorgänge nicht bewerten, nicht darüber nachdenken, nicht analysieren, sondern die Vorgänge lediglich betrachten.
In der Achtsamkeitspraxis erschaffen wir in uns einen Raum, nicht wertend, offen und wohlwollend. In dieser inneren Haltung mit freundlicher Zuwendung liegt eine starke heilsame Kraft. Diese Kraft können wir direkt auf unsere Emotionen lenken, d. h. wir machen unsere Emotionen zum Objekt unserer Meditation.
So wie bei der Meditation auf den Atem, widmen wir uns den Emotionen - erforschen – wohlwollend und freundlich.
„Wie stark ein Gefühl auch in einem toben mag, es ist möglich, auch in diesem Augenblick achtsam zu sein, zu wissen, dass man Ärger oder Wut empfindet, dass man sich verletzt, beleidigt oder schuldig fühlt. So eigenartig es vielleicht auch klingen mag, aber der Samen für die Heilung dieser Emotionen liegt in dem bewussten Anschauen der Gefühlsregung. Denn jener wahrnehmende Teil des Bewusstseins, der Gedanken und Emotionen als das erkennt, was sie wirklich sind, der sie akzeptieren und zulassen kann, erlaubt es einem, einen außerhalb der schmerzlichen Erfahrung liegenden Standpunkt einzunehmen, der von den Stürmen im eigenem Inneren unberührt ist. Der Sturm muss sich austoben, aber er nimmt einen anderen Verlauf, wenn man ihm mit Achtsamkeit begegnet.“
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Die Methode des Achtsamen Dialogs, mit der das eigene Gesprächsverhalten ebenso wie der Umgang mit dem Gegenüber ins Bewusstsein geschoben werden kann, wurde von Dr. Gregory Kramer („insight Dialogue“) entwickelt.